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Inkontinenz und Beckenbodensenkung bei Frauen

Beschwerden, Symptome, Diagnostik und Therapie

Harninkontinenz bezeichnet den unfreiwilligen Abgang von Urin. Für die Gesamtbevölkerung muss davon ausgegangen werden, dass je nach Schweregrad 15-35% der Frauen unter dem Symptom Harninkontinenz leiden, wobei Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Trotz der Häufigkeit suchen nur etwa die Hälfte der Frauen direkte Hilfe beim Arzt, häufig erst nach langer Anamnesedauer. Hierbei ist auch eine große Diskrepanz in der ärztlichen Wahrnehmung der Problematik und der realen Situation zu beobachten. So gaben bei einer Befragung von Frauenärzten zu der Blasenproblematik ihrer Patientinnen an, dass sie schätzen, dass ca. 3-10% ihrer Patientinnen eine solche haben. Aber jede dritte Frau (>30%) gab an, an einem Blasenproblem zu leiden.

Harn- und Stuhlinkontinenz gehören in eine Tabuzone, über die erst in jüngerer Zeit zunehmend offener gesprochen wird. Beim Symptom der Harninkontinenz überlagern sich die verschiedenen Arten und Ursachen sehr oft. Bedeutung haben neben der wichtigen Beckenbodenschwäche, u.a. Schwangerschaft, Geburt, Alterungsprozesse (bes. Östrogenmangel), stattgehabte Operationen, psychovegetative Störungen, neurologische Erkrankungen und Medikamente.

Welche Formen der Inkontinenz gibt es?

Belastungsinkontinenz

Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz)

Hierbei ist eine mechanische/körperliche Belastung gemeint. Sie ist die häufigste diagnostizierte Form der Inkontinenz (50% aller Betroffenen). Es kommt zu unfreiwilligem Urinverlust bei plötzlicher Bewegung, Druck nach unten (Husten, Niesen), aber auch bei körperlicher Belastung (Heben von schweren Gegenständen).


Die Ursache der Belastungsinkontinenz ist ein Verschlussproblem: mechanische Störung des Blasenverschlusses durch Defekte

- des Bandapparates
- der Beckenbodenmuskulatur
- der Elastizität der vorderen Scheidenwand (z.B. nach Operationen)
- des Schließmuskels

Dranginkontinenz

Dranginkontinenz

Diese Form der Inkontinenz wird am zweithäufigsten beobachtet (30% aller Betroffenen). Schon bei geringer Füllung der Harnblase kommt es zu starkem Harndrang, der nicht unterdrückbar ist und zum unwillkürlichen Entleeren der Blase führt.

o Die Steuerung des Reflexes zur Blasenentleerung funktioniert nicht (die Entspannung in der Füllungsphase ist gestört)

o Auch ohne Urinverlust/Inkontinenz kann dies zu einer Reizblase mit sehr quälendem Harndrang führen

o Nicht selten sind bei den betroffenen Frauen Senkungsproblematiken vorhanden

Überlaufblase

Überlaufblase

Diese Form der Inkontinenz tritt häufig bei Senkungen im Bereich der Scheidenvorderwand mit gestörter Entleerung der Blase auf, welche sich dann bei körperlicher Bewegung teilweise entleert (überläuft).

Die Frauen leiden unter

- häufigem Wasserlassen, teilweise mehr als 10-15-mal täglich

- gelegentlich nächtlichem Urinverlust, oder

- morgens beim Aufstehen, häufig auch plötzlich einschießender Harndrang.

Mischinkontinenz

Mischinkontinenz: eine kombinierte Belastungs-Dranginkontinenz

Weitere seltene Formen sind:

o Extraurethrale Inkontinenz: nach Operationen oder ausgeprägten Geburtsverletzungen
o Inkontinenz bei Demenz
o Psychogene Inkontinenz

Lageveränderungen des Genitales

Sinken Teile des inneren Genitales (Gebärmutter, Scheide) im kleinen Becken tiefer als es ihrer normalen Beweglichkeit entspricht, so spricht man von einer Senkung oder einem Deszensus dieser Organe.

Typische Beschwerden sind:
- Druckgefühl nach unten bzw. das Gefühl, es falle etwas aus der Scheide
- Diffuse Kreuz- und Rückenschmerzen
- Harninkontinenz in Form einer Belastungs-, Drang- oder Überlaufinkontinenz
- Mechanisch bedingte Verstopfung

Senkungserscheinungen liegen fast immer verschiedene Wirkungsmechanismen zu Grunde: Schwangerschaft und Entbindung eines großen Kindes, rasch aufeinanderfolgende Entbindungen, vaginale, geburtshilfliche Operationen und eine mangelnde Rückbildung im Wochenbett sind die Hauptursachen. Aber auch eine Erschlaffung des Aufhänge- und Befestigungsapparates im Zusammenhang mit einer konstitutionellen Bindegewebsschwäche kommen als Ursache in Frage.

Diagnostik und Therapie

Diagnostik

Alle Frauen, die unter Senkungsbeschwerden und/oder Störungen der Harnblasen leiden können sich in der urogynäkologischen Sprechstunde vorstellen.

Eine exakte und differenzierte Diagnostik ist Voraussetzung für weiter Abklärung und eine erfolgreiche Behandlung.

- Anamnese: aktuelle Beschwerden sowie geburtshilfliche und operative Vorgeschichte

- Klinische Untersuchung: bei der gynäkologischen Untersuchung muss man besonders auf pathologische Veränderungen achten. Dazu gehören klinische Tests wie Husten und Pressen bei gefüllter Blase

- Laboruntersuchung: obligat ist eine Harnuntersuchung

- Ultraschall: Erfassung der gestörten Topographie der Beckenorgane in Ruhe und Belastung.
Hierbei kann eine sehr gute differenzierte Darstellung der Beckenorgane, deren veränderte Lagebeziehung und möglicher funktioneller Störungen diagnostiziert werden.

- Urodynamische Diagnostik: messtechnische Objektivierung der Diagnose mittels Uroflow, Profilometrie und Cystomanometrie

- Blasenspiegelung: Ausschluss von Erkrankungen der Harnröhre und Blase (Entzündungen, Tumoren, Steine, Divertikel)

Therapie

Generell sollten konservative, risikoarme und unproblematische Behandlungsformen allen invasiveren und insbesondere operativen Therapieformen vorangestellt werden.

In der Postmenopause kann eine konsequente lokale Östrogentherapie eine Inkontinenzproblematik verbessern. Durch Beckenbodengymnastik nach der Biofeedbackmethode bzw. Elektrostimulation kann die Beckenbodenmuskulatur gestärkt werden. Die Therapie der Dranginkontinenz muss sich nach den verschiedenen Ursachen richten und wird meist medikamentös erfolgen.

Liegt eine Senkung der Gebärmutter oder Scheide vor, können unterschiedliche Pessare eingesetzt werden oder auch eine Operation hilfreich sein.

An eine operative Therapie ist zu denken, wenn konservative Maßnahmen ausgeschöpft sind und der Therapieerfolg die Patientin nicht befriedigt.

Für die Behandlung der Belastungsinkontinenz ist die Einlage eines TVT-Bandes (Tension free Vaginal Tape) die am wenigsten belastende Operation. Das Wirkprinzip besteht in der spannungsfreien Stabilisierung der Harnröhre und des Blasenhalses. Aber auch die Stabilisierung der Harnröhre in Ihrer Lage auf der Scheidenvorderwand kann zur Behandlung notwendig sein.

Zur operativen Behandlung des Deszensus stehen verschiedene Optionen zur Verfügung. Je nach Ausprägungsgrad der Senkung und individueller Vorgeschichte der Patientin ist eine Operation durch die Scheide, meistens per Bauchspiegelung oder in sehr seltenen Fällen durch einen Bauchschnitt möglich.

Die meisten Senkungsoperationen führen wir minimalinvasiv (laparoskopisch, sog. Schlüssellochchirurgie) durch, mit oder ohne Roboterassistenz (DaVinci).

Hierbei kann das Eigengewebe gestärkt, oder mit Netzgewebe die Haltefunktion gestützt werden.

Der nächste Schritt:
Vereinbaren Sie einen Termin. Das Netzwerk des Kontinenz- und Beckenbodenzentrum Coburg bietet Ihnen durch die Spezialsprechstunden eine individuelle Diagnostik und Beratung.

Urogynäkologische Sprechstunde: Ambulanz der Frauenklinik Klinikum Coburg, Tel. 09561/22-6322